Jedes Jahr erleiden rund 220.000 Menschen einen Herzinfarkt, 50.000 Patient*innen sterben daran. Bei einem Herzinfarkt wird das Herzmuskelgewebe nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt (Hypoxie). Ursache ist der akute Verschluss eines Herzkranzgefäßes. Je mehr Zeit ohne Behandlung vergeht, desto mehr Herzmuskelzellen sterben. Um den Schaden für das Herz durch einen Herzinfarkt einzugrenzen, ist es besonders wichtig, die Herzdurchblutung zeitnah wieder herzustellen. Allerdings kann die Wiederherstellung des unterbrochenen Blutflusses (Reperfusion) die Zellen des Herzmuskels zusätzlich schädigen, wenn die Sauerstoffversorgung im Gewebe schlagartig ansteigt. Die Folge ist ein sog. Reoxygenierungsschaden.
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Herzforscher*innen der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) unter der Leitung von Dr. Malte Tiburcy, Institut für Pharmakologie und Toxikologie der UMG, haben nun einen Weg entdeckt, mit dem sich die unerwünschte Schädigung der Herzzellen nach einer Wiederherstellung des Blutflusses vermindern ließe. In einem humanen, präklinischen Modell von Herzmuskulatur, die durch Sauerstoffmangel und erhöhte Sauerstoffversorgung (Reoxygenierung) geschädigt wurde, haben sie untersucht, welchen Effekt die Gabe der Substanz Roxadustat hat. Der Wirkstoff ist bekannt dafür, dass er den zellinternen Sauerstoffsensor stabilisiert, den Hypoxia Inducible Factor, kurz HIF. In den Untersuchungen zeigte sich, dass eine kurzzeitige Gabe von Roxadustat im Anschluss an die Hypoxie einen schützenden Effekt vor einem Reoxygenierungsschaden hat. Zusätzlich verbesserte sich die Fähigkeit des Herzmuskels, sich aktiv zusammenzuziehen, deutlich. Die Forschungsergebnisse sind veröffentlicht in der kardiologischen Fachzeitschrift „Circulation“.
„Da sich Roxadustat bereits als Therapie der Blutarmut bei Nierenschwäche im europäischen Zulassungsverfahren befindet, besteht die Hoffnung, dass die herzschützende Wirkung der Substanz zügig auch in die Therapie nach Herzinfarkt weiterentwickelt werden kann“, sagt Dr. Tiburcy.
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