Im Grundgesetz ist die Chancengleichheit verankert. Das heißt, dass niemand aufgrund seines Alters bei der Stellenbewerbung benachteiligt werden darf. Leider sieht die Realität oft anders aus. Ältere Stellensuchende brauchen eine andere Strategie als junge Mitbewerber und oft auch etwas mehr Geduld. Es ist aber keinesfalls unmöglich, mit 50plus beruflich nochmals durchzustarten.
Männer und Frauen sind heute mit über 50 viel vitaler und jünger, als es frühere Generationen waren. Sie ernähren sich gesund, treiben Sport, kennen sich mit PC und Internet aus und sind gut vernetzt. Dass sie schon zum „alten Eisen“ gehören sollen, wird ihnen erst so richtig bewusst, wenn sie auf Stellensuche gehen müssen.
Die aktuelle Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Immer wieder ist in den Zeitungen zu lesen, dass viele Stellen nicht besetzt werden können. Einerseits herrsche Fachkräftemangel, anderseits fänden sich auch für Teilzeitjobs keine zuverlässigen Mitarbeiter. Das steht im Widerspruch zum demografischen Wandel.
Viele Stellensuchende über 50 verfügen über eine hervorragende Ausbildung und über unschätzbare Berufserfahrungen. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Soft Skills, über die die ältere Generation verfügt. Trotzdem ist jede fünfte Person, die sich bei der Agentur für Arbeit oder im Jobcenter melden muss, 50 Jahre oder älter. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarktforschung finden lediglich 35 Prozent der älteren Arbeitnehmer innerhalb von zwei Jahren nach dem Jobverlust eine neue Anstellung. Das Zwischenfazit: Fachkräfte und erfahrene Mitarbeiter werden händeringend gesucht, gleichzeitig wird aber die ältere Generation übergangen.
Das ist zum Glück nicht in jedem Unternehmen und nicht in jeder Branche so.
Wo haben Arbeitnehmer 50plus gute Chancen für einen beruflichen Neustart? Eine aktuelle Studie besagt, dass Führungskräfte in deutschen Unternehmen durchschnittlich 51,9 Jahre alt sind. (Quelle: Statista, 2018) Lediglich im Marketing und im IT-Bereich sind überwiegend junge Vorgesetzte zu finden. Dort, wo sich das Team ausschließlich aus jungen Mitarbeitern zusammensetzt, werden ältere Bewerber wahrscheinlich gar nicht erst in die engere Wahl genommen. Anderenorts sind die Chancen deutlich besser:
- in Unternehmen mit flacher Hierarchie. Diese legen allgemein großen Wert darauf, dass es nicht zu Generationskonflikten kommt. Hier spielen Herkunft, Geschlecht und Alter keine Rolle. Es zählen Leistung und ein Wir-Gefühl.
- in Familienbetrieben, in denen der Chef ebenfalls die 50 bereits überschritten hat.
- in Positionen, die eine hohe Fach- und Sozialkompetenz voraussetzen.
- im Dienstleistungsbereich, und zwar überall dort, wo vorwiegend ältere Kunden beraten werden.
- im öffentlichen Dienst. Hier werden Fachkräfte und Quereinsteiger gesucht.
Selbstbewusst auf Stellensuche gehen
Bewerber 50plus sind längst nicht so schwer vermittelbar, wie sie selbst oft annehmen. Weder sind ältere Stellensuchende weniger wert noch fehlt die Flexibilität. Im Gegenteil! Viele stehen sich schlichtweg selbst im Weg: Der Erfahrungsschatz ist ein großer Pluspunkt für jedes Unternehmen. In der zweiten Lebenshälfte sind Mitarbeiter heutzutage agil und mobil.
Um sich bewusst zu machen, welches Potenzial in einem steckt, kann es helfen, einmal für sich selbst alle Erfolge aus dem Berufs- und Privatleben aufzuschreiben. Auch wenn das im ersten Moment schwerfällt, wird mit Sicherheit einiges zusammenkommen.
So klappt es mit dem neuen Job ab 50
Die bereits genannten sind nicht die einzigen Tipps, die Stellensuchende 50plus schneller zurück ins Berufsleben bringen:
- Es gibt einen nicht zu unterschätzenden verdeckten Stellenmarkt. Das bedeutet, dass viele offene Stellen gar nicht ausgeschrieben werden. Ältere Menschen verfügen meist über ein intaktes Netzwerk, das jetzt mobilisiert werden kann.
- Ein Coach oder Bewerbungsberater hilft dabei, die Bewerbungsunterlagen auf den aktuellen Stand zu bringen und ein zeitgemäßes, plausibles Anschreiben zu verfassen.
- Auch wenn heute kein Bewerbungsfoto mehr verlangt werden darf, ist es üblich, sich mit Foto zu bewerben. Dieses muss aktuell und von bester Qualität sein. Es lohnt sich, in einen professionellen Fotografen zu investieren.
- Niemals dürfen sich Arbeitnehmer 50plus für ihr Alter entschuldigen. Sätze wie „Trotz meines Alters …“ oder „Ich fühle mich noch jung und denke, dass ich gut in ihr Unternehmen passen könnte …“, sind tabu!
- Beim Vorstellungsgespräch punkten ältere Bewerber mit guten Umgangsformen. Sie sollten nicht bedürftig wirken, sondern dem Personaler auf Augenhöhe begegnen. Egal, wie dringend der Job benötigt wird.
- Die Kleidung, die für das Personalfoto und zum Vorstellungsgespräch getragen wird, orientiert sich an der angestrebten Stelle und Position.
Was nicht vergessen werden darf: Fachkräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Mit einem Blick auf den aktuellen Arbeitsmarkt darf davon ausgegangen werden, dass Unternehmen und Personaler zunehmend ältere Mitarbeiter einstellen und wertschätzen.
Letztendlich übersehen Menschen, die mit über 50 nochmals auf Stellensuche gehen müssen, dass sich ihnen eine ganz neue Chance auftut: Oftmals lohnt es sich, alte Pfade zu verlassen und noch mal ganz neu durchzustarten. Dann bieten sich ein Praktikum, ein Auslandsaufenthalt oder der Weg in die Selbstständigkeit ebenso an, wie der Quereinstieg in den Traumberuf. +